Eine Abgrenzungsvereinbarung ist ein zivilrechtlicher Vertrag, der zwischen zwei Parteien geschlossen wird, um eine Streitigkeit über eine Marke beizulegen. Das Ziel einer Abgrenzungsvereinbarung ist es, ein Nebeneinander beider Kennzeichen zu erreichen. Eine Abgrenzungsvereinbarung wird auch als sog. „Koexistenzvereinbarung“ oder „Co-Existence-Agreement“ bezeichnet.
Eine Abgrenzungsvereinbarung wird häufig bei markenrechtlichen Streitigkeiten vereinbart, wenn Zweifel an der Berechtigung der geltend gemachten Ansprüche bestehen oder sich die Parteien am Markt nicht begegnen. In dieser Situation ist eine Abgrenzungsvereinbarung oftmals zielführender sein als eine gerichtliche Klärung der Auseinandersetzung.
Abgrenzungsvereinbarungen enthalten oftmals Absprachen zur Art und Weise der Markenbenutzung, z.B. zu einem teilweisen Verzicht der Markennutzung für einzelne Waren und Dienstleistungen oder Regelungen, wie eine Marke genutzt werden darf.
Eine Abgrenzungsvereinbarung ist in der Regel nicht ordentlich kündbar, sondern kann nur außerordentlich bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, z.B. wenn sich eine Partei nicht vertragstreu verhält, gekündigt werden.
Nicht immer ist in einer „Vereinbarung“ zwischen Markeninhabern eindeutig geregelt, ob ein Lizenzvertrag oder eine Abgrenzungsvereinbarung gewollt ist. Im Streifall muss die Vereinbarung dann durch das Gericht ausgelegt werden.
Das Landgericht München I hat z.B. mit Urteil vom 11.10.2022 festgestellt, dass eine Vereinbarung aus dem Jahr 1974 zwischen zwei Brauereien über die Nutzung der Bezeichnung “PAULANER Spezi” für ein Mischgetränk aus Limonade und Cola weiterhin gültig ist.
Das Gericht wertete die Vereinbarung nicht als Lizenzvertrag, sondern als Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarung, die nicht ordentlich kündbar sei. Die Parteien hätten mit der Vereinbarung eine endgültige Beilegung bestehender Streitigkeiten angestrebt und im Vertrauen darauf erhebliche Investitionen in ihre Marken getätigt.
Das Gericht sah auch keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung durch die Beklagte, da die Klägerin sich vertragstreu verhalten habe. Die Vertragsreue der Beklagten als Ausfluss des Wunsches, am wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin zu partizipieren, stelle keinen wichtigen Grund dar.
Pressemitteilung des Landgerichts München I vom 11.10.2022 im Volltext: Pressemitteilung 24/2022 – Bayerisches Staatsministerium der Justiz (bayern.de)
Urteil des Landgerichts München I vom 11.10.2022 im Volltext: Bürgerservice – LG München I, Endurteil v. 11.10.2022 – 33 O 10784/21 (gesetze-bayern.de)