Das Namensrecht ist auch in seinen wirtschaftlichen Aspekten geschützt. Nach der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke wird eine Marke auf Antrag für nichtig erklärt, wenn ihre Benutzung aufgrund eines nach dem Unionsrecht oder nach nationalem Recht geschützten älteren Rechts, insbesondere eines Namensrechts, untersagt werden kann.
Die Fiorucci SpA ist ein italienisches Unternehmen, das in den siebziger Jahren von dem Modedesigner Elio Fiorucci gegründet wurde. Im Jahr 1990 veräußerte die Fiorucci SpA ihren gesamten schöpferischen Besitzstand einschließlich aller ihrer Marken an das japanische Unternehmen Edwin Co. Ltd.
Im Jahr 1999 wurde die von der Firma Edwin angemeldete Wortmarke ELIO FIORUCCI für verschiedene Waren, darunter Parfümerieartikel, Lederwaren, Reisekoffer und Bekleidungsstücke, vom HABM als Gemeinschaftsmarke eingetragen. Herr Fiorucci beantragte – unter Berufung auf die Gemeinschaftsmarkenverordnung in Verbindung mit dem italienischen Recht –, diese Marke für nichtig zu erklären, da sein Name in Italien einen gesetzlichen Schutz genieße, der die Eintragung von Personennamen als Marke nur durch den Inhaber des Namens oder mit seiner Zustimmung erlaube, woran es im vorliegenden Fall jedoch gefehlt habe.
Das HABM war hingegen der Ansicht, dass im vorliegenden Fall die fragliche italienische Rechtsvorschrift nicht anwendbar sei, weil der Name von Herrn Fiorucci im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit öffentliche Bekanntheit erlangt habe. Das HABM wies daher den Antrag von Herrn Fiorucci auf Nichtigerklärung der Marke zurück.
Auf Klage von Herrn Fiorucci hob das Gericht der Europäischen Union im Jahr 2009 diese Entscheidung des HABM auf, da mit ihr das nationale Recht falsch ausgelegt worden sei. Das Gericht bestätigte, dass das HABM auf Antrag des Betroffenen eine Gemeinschaftsmarke für nichtig erklären könne, wenn deren Benutzung aufgrund eines nach nationalem Recht geschützten Namensrechts untersagt werden dürfe. Das Gericht befand jedoch, dass das HABM die Anwendbarkeit der fraglichen nationalen Rechtsvorschrift im Fall von Herrn Fiorucci zu Unrecht verneint habe.
Edwin legte daraufhin ein Rechtsmittel zum Gerichtshof ein. Das japanische Unternehmen machte geltend, dass sich die Gemeinschaftsmarkenverordnung auf das „Namensrecht“ nur als ein Attribut der Persönlichkeit beziehe. Edwin war daher der Meinung, dass das Gericht die Gemeinschaftsmarkenverordnung falsch angewandt habe.
In seinem heute ergangenen Urteil nimmt der Gerichtshof eine Auslegung des Begriffs „Namensrecht“ im Sinne der Gemeinschaftsmarkenverordnung vor, auf das ein Antrag auf Nichtigerklärung einer Marke gestützt werden kann. Hierbei hat sich der Gerichtshof insbesondere mit der Frage befasst, ob dieser Begriff lediglich ein Attribut der Persönlichkeit beinhaltet oder auch die wirtschaftliche Nutzung des Namens umfasst.
Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass der Wortlaut und der Aufbau der Gemeinschaftsmarkenverordnung es nicht gestatten, den Begriff „Namensrecht“ auf den Aspekt eines Persönlichkeitsattributs zu begrenzen. Vielmehr kann dieser Begriff auch die wirtschaftliche Nutzung des Namens umfassen.
Nach der Verordnung kann eine Gemeinschaftsmarke nämlich für nichtig erklärt werden, wenn der Betroffene ein sonstiges älteres Recht geltend macht, wobei die Verordnung in nicht abschließender Weise vier solche Rechte aufzählt: neben dem Namensrecht das Recht an der eigenen Abbildung, das Urheberrecht und gewerbliche Schutzrechte. Hinsichtlich bestimmter dieser Rechte sind sowohl nach den nationalen Rechtsordnungen als auch nach dem Unionsrecht auch die wirtschaftlichen Aspekte geschützt. Daher gibt es keinen Grund, dem „Namensrecht“ nicht den gleichen Schutz zu gewähren.
Das Gericht hat daher zu Recht den durch die Gemeinschaftsmarkenverordnung gewährten Schutz nicht auf Sachverhalte beschränkt, in denen die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke in Konflikt mit einem Recht gerät, das ausschließlich dem Schutz des Namens als Persönlichkeitsattribut des Namensinhabers dient. Anders gesagt kann das Namensrecht nicht nur zum Schutz des Namens als Persönlichkeitsattribut, sondern auch zum Schutz des Namens in seinen wirtschaftlichen Aspekten geltend gemacht werden.
Der Gerichtshof bestätigt sodann die Zuständigkeit des Gerichts, die Rechtmäßigkeit der vom HABM vorgenommenen Beurteilung der angeführten nationalen Rechtsvorschrift zu überprüfen. Der Gerichtshof stellt klar, dass er selbst im Rechtsmittelverfahren dafür zuständig ist, zu prüfen, ob das Gericht auf der Grundlage der ihm vorgelegten Schriftstücke und anderen Aktenstücke nicht den Wortlaut der in Frage stehenden nationalen Vorschriften oder der sich auf sie beziehenden nationalen Rechtsprechung oder auch der sie betreffenden Stellungnahmen der juristischen Literatur verfälscht hat und ob es nicht Feststellungen getroffen hat, die dem Inhalt oder der Tragweite der fraglichen nationalen Rechtsvorschriften offensichtlich zuwiderlaufen.
Der Gerichtshof gelangt somit zu dem Ergebnis, dass das Gericht, ohne die nationalen Rechtsvorschriften zu verfälschen, fehlerfrei feststellen konnte, dass der Inhaber eines öffentlich bekannten Personennamens – unabhängig von dem Bereich, in dem diese Bekanntheit erworben wurde, und auch dann, wenn dieser bekannte Personenname bereits als Marke eingetragen oder benutzt worden ist – das Recht hat, sich der Benutzung dieses Namens als Marke zu widersetzen, wenn er der Eintragung als Marke nicht zugestimmt hat.
Urteil in der Rechtssache C-263/09
Edwin Co. Ltd / HABM
Quelle: Pressemitteilung des Gerichtshofs der Europäischen Union Nr. 67/11 vom 5.7.11